Bei der militärischen Ausbildung in der Bundeswehr spielt das Nahkampftraining eine entscheidende Rolle. Kein Wunder, denn die Fähigkeit zur effektiven Selbstverteidigung und zum Nahkampf ist für Soldaten besonders wichtig. Während der Nahkampfausbildung bei der Bundeswehr werden nicht nur Kampftechniken vermittelt, sondern auch die mentale Stärke, das Reaktionsvermögen und die Teamfähigkeit geschult.
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Nahkampfausbildung: Aufbau und Ablauf
Die Nahkampfausbildung in der Bundeswehr folgt einem strukturierten Konzept, das auf die unterschiedlichen Anforderungen der Truppe zugeschnitten ist.
In der Regel beginnt die Ausbildung mit den Grundlagen des unbewaffneten Kampfes. Hier lernen die Teilnehmer, wie sie sich mit gezielten Schlägen, Tritten, Würfen und Hebeln gegen einen Angreifer behaupten können. Diese Techniken sind speziell auf die Anforderungen des militärischen Einsatzes abgestimmt und dienen vorrangig der Selbstverteidigung in Extremsituationen.
Im weiteren Verlauf der Ausbildung werden die Soldaten mit fortgeschrittenen Kampftechniken vertraut gemacht.
Abwehr von Messerangriffen
Die Abwehr von Messerangriffen ist ein zentraler Bestandteil der fortgeschrittenen Nahkampfausbildung in der Bundeswehr. Teilnehmende Soldaten lernen dabei gezielte Techniken, um Messerangriffe zu blockieren und sich vor Verletzungen zu schützen. Dazu gehören das schnelle Erkennen der Angriffslinie, das gezielte Abwehren des Messerarms sowie der Einsatz von Schlägen und Tritten, um den Angreifer zu desorientieren und sich einen Vorteil zu verschaffen.
Trotz guter Technik bleibt die Abwehr von Messerangriffen immer riskant, weshalb das Ziel ist, so schnell wie möglich wieder die eigene Waffe einsetzen zu können.
Umgang mit improvisierten Waffen
Im militärischen Nahkampf wird den Soldaten vermittelt, wie sie im Ernstfall Alltagsgegenstände oder Teile der eigenen Ausrüstung als improvisierte Waffen nutzen können. Dies kann beispielsweise das Gewehr, der Helm oder andere Ausrüstungsgegenstände sein, die zum Zuschlagen, Blocken oder zur Verteidigung verwendet werden.
Während der Ausbildung wird Wert darauf gelegt, dass die Soldaten lernen, in Extremsituationen flexibel zu reagieren und sich auch dann verteidigen zu können, wenn keine klassische Waffe zur Verfügung steht. Ziel ist es, mit wenigen, einfachen Bewegungsmustern maximal effektiv zu agieren und sich so einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen.
Training mit der eigenen Ausrüstung
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Training mit der eigenen Ausrüstung. Soldaten üben, wie sie ihre persönliche Ausrüstung im Nahkampf einsetzen können. Das Gewehr wird dabei nicht nur als Schusswaffe, sondern auch als Schlag- und Blockwerkzeug verwendet.
Die Teilnehmer lernen, Angriffe mit dem Gewehr abzuwehren, auf engstem Raum zu kämpfen und ihre Ausrüstung so zu handhaben, dass sie sich nicht selbst behindern.
Reality Training
Besonders herausfordernd gestaltet sich das sogenannte Reality-Training, bei dem die Soldaten unter möglichst realitätsnahen Bedingungen üben. In diesen Szenarien werden beispielsweise Einsätze in verrauchten oder dunklen Gebäuden simuliert, um den Ernstfall zu proben. Auch das Training unter ABC-Bedrohung (atomar, biologisch, chemisch) gehört dazu und verlangt den Teilnehmenden höchste Konzentration und Belastbarkeit ab.
Das Ziel dieses Trainings ist es, die Soldaten auf Stress, Unsicherheit und extreme körperliche sowie psychische Belastungen vorzubereiten, damit sie im Ernstfall schnell und sicher handeln können.
Anforderungen an die Soldaten
Das Bundeswehr-Nahkampftraining stellt hohe Anforderungen an die körperliche Fitness und die mentale Belastbarkeit der Soldaten. Schon zu Beginn der Ausbildung wird deutlich, dass Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination wichtige Grundvoraussetzungen sind, um die intensiven Trainingseinheiten zu bewältigen. Die Übungen sind darauf ausgelegt, die Teilnehmer regelmäßig an ihre physischen und psychischen Grenzen zu bringen.
Neben der körperlichen Leistungsfähigkeit spielt auch die mentale Stärke eine entscheidende Rolle. Die Soldaten müssen in der Lage sein, unter extremem Stress, Erschöpfung und Zeitdruck die erlernten Techniken präzise und sicher anzuwenden. Dazu gehört auch, in unübersichtlichen oder bedrohlichen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren und entschlossen zu handeln. Die Nahkampfausbildung fördert außerdem die Fähigkeit, im Team zu agieren und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Nur wer diese Anforderungen erfüllt und auch unter Belastung die Kontrolle behält, kann die abschließende Prüfung erfolgreich bestehen und ist für den Ernstfall optimal vorbereitet.
Das Zwei-Stufen-Modell der Nahkampfausbildung
Die Bundeswehr setzt bei der Nahkampfausbildung zunehmend auf ein Zwei-Stufen-Modell.
- In der ersten Stufe werden alle Soldaten mit den Grundtechniken des militärischen Nahkampfs vertraut gemacht.
- In der zweiten Stufe erfolgt die Ausbildung von Nahkampfausbildern, die ihr Wissen an die Truppe weitergeben. Besonders qualifizierte Ausbilder können sich zum Nahkampflehrer weiterbilden und sind dann dafür verantwortlich, die Nahkampfausbildung kontinuierlich weiterzuentwickeln und an die aktuellen Anforderungen anzupassen.
Dieses Modell stellt sicher, dass das Wissen um Kampftechniken und Selbstverteidigung in der Bundeswehr verankert ist und regelmäßig aufgefrischt wird.
CQB (Close Quarters Battle): Nahkampf auf engstem Raum
Ein zentrales Element der Nahkampfausbildung ist das Training für CQB (Close Quarters Battle). CQB bezeichnet den Kampf auf kürzeste Distanz, etwa in Gebäuden, Korridoren oder Fahrzeugen. Hier sind spezielle Taktiken und Techniken gefragt, da die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist und die Gefahr von Überraschungsangriffen besonders hoch ist.
Im CQB-Training werden die Soldaten darauf vorbereitet, Räume systematisch zu sichern, Hindernisse zu überwinden und im Team zu agieren. Die Koordination innerhalb der Gruppe, das schnelle Erfassen von Bedrohungslagen und das taktische Vorgehen beim Eindringen in Gebäude stehen im Mittelpunkt. Moderne Trainingssysteme ermöglichen es, realitätsnahe Szenarien nachzustellen und die Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Präzision der Kampftechniken zu verbessern.
Bundeswehr-Nahkampftraining
Die im Bundeswehr-Nahkampftraining vermittelten Kampftechniken sind vielfältig und reichen von einfachen Methoden zur Selbstverteidigung bis hin zu komplexen Griffen und Hebeln. Ein besonderer Fokus liegt auf der schnellen und effektiven Neutralisierung eines Gegners, um die eigene Sicherheit und die des Teams zu gewährleisten. Techniken aus verschiedenen Kampfsportarten, wie Krav Maga, werden integriert, um den Soldaten ein breites Repertoire an Verteidigungs- und Angriffsmöglichkeiten zu bieten.
Neben dem unbewaffneten Kampf werden auch der Umgang mit Messern, Stöcken und Schusswaffen trainiert. So sollen die Soldaten auf alle Eventualitäten vorbereitet werden und sie erlernen die Fähigkeit, sich in jeder Situation verteidigen zu können. Die Nahkampfausbildung ist dabei eng mit dem Gefechtsdienst verzahnt, sodass die erlernten Techniken auch unter realen Einsatzbedingungen angewendet werden können.
Das Bundeswehr-Nahkampftraining ist also weit mehr als ein reines Fitnessprogramm: Es vermittelt essenzielle Fähigkeiten zur Selbstverteidigung, stärkt das Selbstbewusstsein und bereitet die Soldaten auf viele verschiedene Herausforderungen vor, denen sie in modernen Einsatzszenarien begegnen können.